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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Tairnbach (Gemeinde Mühlhausen,
Rhein-Neckar-Kreis)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
(Seite wurde erstellt unter Mitarbeit von
Volkhard Benz)
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Tairnbach bestand eine jüdische
Gemeinde bis zu ihrer Auflösung 1885. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16.
Jahrhunderts zurück. Die Ritter von Hirschhorn, denen der Weiler Tairnbach
gehörte, gestatteten nach 1500 den ersten Juden die Niederlassung am
Ort. Zunächst wurden nicht mehr als zwei bis drei Familien am Ort aufgenommen.
Erst nach dem Dreißigjährigen Krieg nahm die Zahl der Juden am Ort zu.
1807 gab es 100 jüdische Einwohner (neben 246 christlichen), 1825 124 (33
% von insgesamt 372 Einwohner). Die Höchstzahl jüdischer Einwohner wurde 1836
mit 172 Personen erreicht, 1851 149 jüdische Einwohner, 1875 35.
Die jüdischen Familien lebten vom Handel mit Geld, Vieh,
landwirtschaftlichen Produkten (u.a. Hopfen), Textilien, Haushaltswaren und
Lebensmitteln. Die jüdischen Familiennamen am Ort waren nach 1809 Beer,
Binheimer, Bodenheimer, Bloch, Dalheimer, Daub, Flegenheimer, Kahn, Prager,
Schleucher, Springer, Sternweiler, Strauß, Traub und Wertheimer.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
jüdische Schule und ein rituelles Bad. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der
Gemeinde war im 19. Jahrhundert zeitweise ein Lehrer (Religionslehrer)
angestellt, der zugleich als Vorbeter (eventuell auch als Schochet) tätig war.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verringerte sich die Zahl der jüdischen
Einwohner in Tairnbach sehr schnell: 1890 waren nur noch drei, 1895
keine Juden mehr am Ort wohnhaft.
Aus der
Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Lehrers und Vorbeters
1844 / 1848
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 21. August 1844 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Vakante Schulstellen.
[Bekanntmachung.]. Bei der israelitischen Gemeinde Thairembach(=
Tairnbach) ist die
Lehrstelle für den Religionsunterricht der Jugend, mit welcher ein
Gehalt von 150 fl., nebst freier Wohnung verbunden ist,
erledigt, und durch Übereinkunft mit der Gemeinde unter höherer
Genehmigung zu besetzen. Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert,
unter Vorlage ihrer Rezeptionsurkunde und der Zeugnisse über ihren
sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen sich anher zu melden.
Auch wird bemerkt, dass im Falle sich weder Schul- noch
Rabbinatskandidaten melden, andere inländische Subjekte, nach
erstandener Prüfung bei dem Rabbiner, zur Bewerbung zugelassen
werden.
Heidelberg, den 14. August 1844. Großherzogliche Bezirkssynagoge." |
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Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 8. August 1849 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Die mit einem festen Gehalte von 135 fl. und einem jährlichen Schulgelde von 48
kr. für jedes
die Religionsschule besuchende Kind (und dem Vorsängerdienste samt den davon
abhängigen Gefällen) verbundene Religionsschulstelle bei der
israelitischen Gemeinde Thairenbach (= Tairnbach), Synagogenbezirks Ladenburg,
ist zu besetzen.
Die berechtigten Bewerber um dieselbe werden daher aufgefordert, mit ihren
Gesuchen unter Vorlage ihrer Aufnahmeurkunden und der Zeugnisse über
ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen mittelst
des betreffenden Bezirksrabbinats bei der Bezirkssynagoge Heidelberg sich
zu melden.
Bei dem Abgange von Meldungen von Schul- oder
Rabbinats-Kandidaten können auch andere inländische befähigte Subjekte
nach erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden" |
Dokumente
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim/Ries)
Umschlag
eines Briefes
an Leopold Traub (1877) |
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Der Brief an Leopold Traub
wurde am 1. September 1877 verschickt. Es handelt sich um einer
Gerichtssache (Liquiditätserkenntnis), verfügt vom Großherzoglich
Badischen Amtsgericht Pforzheim. Bei Familie Traub handelt es sich um eine
damalige jüdische Familie (auf dem jüdischen Friedhof
Michelfeld ist Regina Traub aus Tairnbach beigesetzt, um 1856 war
Simon Traub Synagogenrat.
Auf dem jüdischen Friedhof
Eichtersheim wurde 1895 ein Leopold Traub beigesetzt.)
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Hinweis
auf ein Dokument des aus
Tairnbach stammenden Salomon Prager |
Zu einem Dokument des aus Tairnbach
stammenden Salomon Prager (geb. 1813 in Tairnbach, später in Walldorf
wohnhaft, gest. 1886) siehe Seite zu
Walldorf. |
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Zur Geschichte der Synagoge
Im 16. Jahrhundert konnte ein jüdisches
Gemeindeleben am Ort noch nicht entstehen. Erst im 18. Jahrhundert gab es die Möglichkeit,
nach Erreichen der Zehnzahl religionsmündiger jüdischer Männer im Ort
Gottesdienste abzuhalten. Ein erster Betraum wurde vielleicht schon 1761
gleichzeitig mit dem großen herrschaftlichen Judenmietshaus eingerichtet. Dieses
wurde als ein "Gebäude gleich einer Caserne" bezeichnet. Im Erdgeschoss befand
sich die Wohnung des Lehrers und Vorsängers der Gemeinde.
Eine Synagoge wurde mit Hilfe der Ortsherrschaft (Heinrich Joseph Franz
Freiherr Ueberbruck von
Rodenstein) 1799 errichtet. Die Synagoge stand am sogenannten
Judenschulweg (auch Judengang genannt), direkt am Tairnbächel. Ein
"Judenweg" genannter Weg, den es heute nicht mehr gibt, zweigte von
der Untergasse, damals Schmalzgasse ab. 1857
beschwerte sich der Vorsteher der jüdischen Gemeinde über einen nahe dem
Synagogeneingang angelegten Misthaufen. 1877 wurden im Tairnbacher
Feuerversicherungsbuch die Neubaukosten des israelitischen Gotteshauses mit
8.250 Mark angegeben. Der Kaufwert lag mit 5.700 Mark im gleichen Jahr
wesentlich darunter. Aus den Zahlenangaben lässt sich ablesen, dass die
Synagoge einst mit dem drei- bis vierfachen finanziellen Aufwand – verglichen
mit einem normalen Tairnbacher Wohnhaus – errichtet wurde.
Nach Abwanderung vieler Gemeindeglieder, insbesondere in
die in der weiteren Umgebung liegenden Städte, war es bereits in den
1870er-Jahren für die Gemeinde sehr schwer, einen regelmäßigen
Synagogengottesdienst aufrecht zu erhalten. Auswärtige jüdische Männer
mussten geholt werden, um die erforderliche Zehnzahl zu erreichen. 1881
wird von der Baufälligkeit des steinernen Gebäudes berichtet. Im Jahr darauf
ersteigerte die ortsansässige Zigarrenfabrik Arnheim und Dinkelspiel das marode
Bauwerk und riss es ab. Die behauenen Steine fanden vermutlich beim Bau eines
(inzwischen abgebrochenen) Fabrikgebäudes in der Eschelbacher Straße
Verwendung. 1885 wurde die Gemeinde aufgelöst. An Stelle der ehemaligen
Synagoge wurde später eine Scheune gebaut.
Foto / Plan
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 268-269. |
| 1200 Jahre Mühlhausen im Kraichgau mit den Ortschaften Rettigheim und
Tairnbach. 1982. S. 276-277. 285. |
| Gerhard Höflin: Jüdisches Leben in Tairnbach. in: Historische
Streiflichter aus Tairnbach. Heimatbuch. Hg. vom Heimatverein Tairnbach. Bad
Schönborn 1995. S. 72-78. |
| Gräberverzeichnis Waibstadt. 1913. S. 52ff. |
| Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007. |
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