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im Elsass"
Herrlisheim (Herlisheim
a.d. Zorn,
Dep. Bas-Rhin /Alsace / Unterelsass)
Jüdische Geschichte / Synagogue / Synagoge
Hinweis: es gibt noch ein zweites Herrlisheim
bei Colmar
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Herrlisheim bestand ein jüdische Gemeinde bis 1940. Ihre Entstehung geht
in die Zeit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zurück. 1780 waren 15
jüdische Familien mit zusammen 66 Personen am Ort, 1784 12 Familien mit 63
Personen.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1807 82 jüdische Einwohner, 1846 266, 1861 156, 1870 169, 1900 172,
1910 156.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
Schule, ein rituelles Bad (repariert 1913, siehe Bericht unten) und einen Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. An
Lehrern/Kantoren werden genannt: um 1887/99 Lehrer und Kantor Kahn, um die Zeit
des Ersten Weltkrieges Samuel Welsch (1915 mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet,
s.u.). Die Gemeinde
gehörte zum Rabbinat in Haguenau, 1910 zum Rabbinat
Bischwiller.
An Gemeindevorstehern werden genannt: um 1892/99 Herr Rehs (eventuell
Konstant Rees, vgl. unten Bericht zum Tod von Frau Konstant Rehs) .
An jüdischen Vereinen bestanden zwei Männer-Vereine (1905 unter Leitung
von M. Meyer und H. Bloch) sowie ein Frauen-Verein (1905 unter Leitung von Frau
Kohn). Diese Vereine beschäftigten sich mit sozialen Zwecken (Wohltätigkeit) und
dem Beerdigungswesen.
Im Ersten Weltkrieg wurden Gideon Welsch und Samuel Welsch für ihren Kriegseinsatz mit dem
Eisernen Kreuz ausgezeichnet.
1936 gehörten noch 80
Personen der jüdischen Gemeinde an. Vier Jahre später (1940) wurden
unter der deutschen Besatzung die noch in Herrlisheim
verbliebenen Juden
nach Südfrankreich deportiert. Mindestens elf von ihnen wurden ermordet.
Ein Denkmal mit den Namen der Ermordeten findet sich im jüdischen Friedhof
des Ortes.
Nach 1945 kehrte ein Teil der früheren jüdischen Einwohner zurück.
1953 wurden 36 jüdische Einwohner am Ort
gezählt.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der
Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule
Die
Einrichtung eines israelitischen Volksschule in Herrlisheim wird von der
dortigem Kultusverwaltung abgelehnt (1908)
Artikel
in "Neue jüdische Presse" vom 26. Juni 1908: "Straßburg. Wir haben im
Elsass eine ziemliche Anzahl israelitischer Volksschulen, welche auf
dem Aussterbeetat stehen. Es sind aber auch einige Gemeinden, welche bis
jetzt keine israelitische Volksschule besaßen, im Aufblühen begriffen, und
tut nun das Konsistorium Schritte, um in diesen Gemeinden solche Schulen
durch die Regierung genehmigen zu lassen, einerseits, um den Kindern mehr
jüdisches Wissen angedeihen zu lassen, andererseits, um den jungen
israelitischen Lehrern auch neue Stellen zu verschaffen, da dieselben selten
an christlichen Schulen angestellt werden.
Als solche Gemeinden, für welche das Konsistorium schon Schritte getan,
gelten Herrlisheim, Erstein
und andere mehr. Zur allgemeinen Verwunderung lehnte nun die israelitische
Kultusverwaltung in Herrlisheim in einem Schreiben an das Konsistorium es
ab, für die Errichtung einer israelitischen Volksschule bei der Regierung
auch ihrerseits einzukommen (welches gewöhnlich gleichzeitig mit dem Antrag
des Konsistoriums zu geschehen hat)." |
Lehrer und Kantor Samuel Welsch
erhält im Kriegseinsatz das Eiserne Kreuz (1915)
Artikel
in "Dr. Blochs österreichische Wochenschrift" vom 4. Juni 1915: "Auszeichnungen
jüdischer Krieger mit dem eisernen Kreuze.
Herlisheim an der Zorn, Unterelsass. Samuel Welsch, Lehrer und
Kantor, Gefreiter d.L., 17. Regiment, 2. Bataillon, 7. Komp." |
Berichte aus dem jüdischen
Gemeindeleben
Vortrag
von Prof. Dreyfuß und dem Medizinstudenten Abraham Löw zur Gründung einer
(zionistischen) Schekelzahlergruppe (1913)
Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 31. Januar 1913: "Herlisheim. Der
letzte Sonntag gestaltete sich für unsere Gemeinde zu einem großen Ereignis.
Im Restaurant 'Zum Grenadier' hielten Herr Prof. Dreyfuß und stud. med.
Abraham Löw aus Straßburg einen Vortrag über die Entwicklung des
nationaljüdischen Gedankens. In anschaulicher Weise wussten die Herren die
zionistische Idee dem zahlreich erschienenen Publikum näher zu bringen. Die
tiefen, inhaltsvollen Worte von Prof. Dreyfuß und die kernige, begeisternde
Rede von Herrn Löw, in dem wir einen temperamentvollen Redner kennen
lernten, machten auf die Anwesenden einen tiefen Eindruck. Kein Wunder, dass
sich der neu gegründeten Schekelzahlergruppe sofort 31 Herren anschlossen.
Wir danken den Rednern nochmals auf diesem Wege für Ihren Besuch. " |
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Artikel
in "Die Welt" vom 31. Januar 1913: "Herlisheim (Unserelsass). Am 19.
Januar hatten wir das Vergnügen, Herrn Professor Dreyfuß und Herrn
A. Löw aus Straßburg in unserer Gemeinde begrüßen zu können. Es wurde
über das Thema: 'Die Vorläufer des Zionismus und der jetzige Stand der
Bewegung' referiert." |
Berichte zu
einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Der
Goldschmiedelehrling Ferdinand Ehrlich erhält einen Preis (1913)
Artikel
in "Der Gemeindebote" vom 2. Mai 1913: "Straßburg im Elsass, 25.
April (1913). Zum ersten Mal kam dieser Tage in der Israelitischen
Gewerbeschule zu Straßburg der Preis aus der
Moch-Schuhl-Reims-Stiftung zur Vergebung. In edeldenkender Weise hat
bekanntlich Herr Fernand Moch aus Reims, ein geborener Straßburger,
zum Andenken an seine Eltern, vor Jahresfrist der israelitischen
Gewerbeschule einen Betrag von 800 Mark als unveräußerliche Stiftung mit der
Bestimmung gespendet, dass die Zinsen alljährlich demjenigen Schüler als
Preis gegeben werden sollen, der sich vor seinen Mitschülern durch
tadelloses Betragen und fortgesetzten Fleiß besonders auszeichnet. Der Preis
wurde dem Goldschmiedelehrling Ferdinand Ehrlich aus Herlisheim
an der Zorn zuerkannt und demselben am verflossenen Samstag in Form
eines Sparkassenbuches mit 32 Mark Einlage im Beisein von Mitgliedern des
Verwaltungsrates überreicht. Möge sich der Preisträger auch in seiner
ferneren Lebensbahn tüchtig entfalten und gleich vielen ehemaligen Schülern
der Anstalt und des elsässischem Judentums werden. Herr Fernand Moch
aus Reims aber, unserem sympathischen Landsmann, gebührt vor allem
öffentlicher Dank für sein Wohlwollen, dass er in einer der segensreichen
elsass-lothringischen Erziehungsanstalten in solch anerkennens- und
nachahmenswerter Weise zum Ausdruck gebracht hat." |
Zum Tod von Frau Konstant Rehs -
Renovierung der Mikwe (rituelles Bad; 1913)
Anmerkung: es handelt sich wohl um die Frau von Konstant Rehs
https://www.geni.com/people/Rehs-rehs/6000000011871420796 (geb. 1840 in
Herrlisheim), dann wäre es Marie Rehs geb. Welsch.
Artikel
in "Das jüdische Blatt" vom 7. Februar 1913: "Herlisheim (Unter-Elsass).
Vergangenen Mittwoch hatten wir den Heimgang der nach langen, mit frommer
Geduld ertragenen Leiden unerwartet schnell verstorbenen Frau Konstant
Rehs zu beklagen. Um die 71-jährige Entschlafene, welche eine wahre
Esches chajil (= wackere Frau) gewesen ist, trauern ein greiser
Gatte, fünf verheiratete Kinder und Enkel. Möge der Allmächtige die
betrübten Hinterbliebenen trösten! – Einem von unserer Frauenwelt schon
längst schwer empfundenen Missstand soll binnen kurzem abgeholfen sein.
Unser Frauenbad, welches den rituellen Anforderungen nicht entsprach, wird
dank der anerkennenswertesten Opferwilligkeit des Gemeinde und der
unermüdlichen Bemühungen unseres Rabbiners Dr. Lehmann
Bischweiler einer umfassenden
Reparatur unterzogen. Die technischen Arbeiten werden unter Leitung des
Rabbiners durch H. Köcher, Mechaniker in
Pfaffenhofen, ausgeführt, welche
die Bäder in Pfaffenhofen und
Ingweiler in mustergültiger Weise
umgeändert hat. Möge diese Einrichtung dann auch von unseren Damen fleißig
und vorschriftsmäßig benutzt werden!" |
Goldene Hochzeit des aus
Herrlisheim stammenden Beschneiders und Lehrers Joseph Sommer mit seiner Frau
geb. Marx (1914)
Artikel
in "Das jüdische Blatt" vom 3. Juli 1914: "Paris. Als ein Zeichen
schönster Wertschätzung in allen Kreisen darf ein Fest genannt werden, das
die Eheleute Josef Sommer und Frau geb. Marx dieser Tage die 'Schchijoh'
hatten, zu begehen – die 50. Wiederkehr ihres Hochzeitstages. Eine goldene
Hochzeit ist wohl nichts so seltenes, doch eine offizielle Zeremonie
anlässlich einer solchen sieht man fast nie. Herr Sommer steht schon 37
Jahre lang als Mohel (Beschneider) im Dienste des Konsistoriums, und in
dankbarer Anerkennung hat dieses seine große Synagoge in der Rue des
Tournelles (vgl. Wikipedia-Artikel
https://de.wikipedia.org/wiki/Synagoge_der_Rue_des_Tournelles) zu
einer öffentlichen Feier zur Verfügung gestellt. Einige hundert Leute nahmen
daran teil, und das Jubelpaar, umgeben von einer Schar Enkelkinder und
Kinder, saß wie anno dazumal unter der 'Chuppoh' (Baldachin, vgl.
Wikipedia-Artikel
https://de.wikipedia.org/wiki/Chuppa). In längerer Rede würdigte
Herr Grand Rabbin Raphael Levy die Brautleute, welche durch
Aufrechterhaltung der jüdischen Traditionen und sonst durch Führung eines
regelrechten Lebens diesen Tag erlebten. Er gedachte besonders auch in
ehrender Weise des Sohnes Herrn Leon Sommer, welcher Rabbiner in
Tours ist und dem vor einiger Zeit von der französischen Regierung die
akademische Palme verliehen wurde. Herr Josef Sommer, der ein 'Ben Thora'
ist, stammt aus Herlisheim a. Zorn, war mehrere Jahre im Elsass und
im Badischen als Religionslehrer, Chasan (Kantor) und Schochet (Schächter)
tätig. Seit 43 Jahren übt er das Amt eines Mohels aus und hat während dieser
Zeit 17 Mohelimschüler ausgebildet, 23.547 Kinder und 164 Erwachsene, also 'Gerim',
in den Bund Abrahams eingeführt. Möge der Lebensabend Herrn Sommer reiche
Frucht bringen und mögen der goldenen Hochzeit noch ungezählte goldene Tage
des stillen, reinen Glückes folgen, sodass sich beide nach des Tages Mühen
eines glücklichen, durch kein Wölkchen getrübten Abends freuen. Ad meoh
w'esrime Schonoh (= [alles Gute] bis 120 Jahre)! W." |
Anzeigen jüdischer Privatpersonen
Henry Meyer sucht Hilfe für seinen Haushalt (1889)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 27. Mai 1889: "Ich suche für meinen Haushalt ein tüchtiges
Mädchen im Alter von 30 bis 36 Jahren als Haushälterin, am liebsten aus Elsass.
Antritt kann sofort erfolgen.
Henry Meyer, Herlisheim a.d. Zorn (Elsass)." |
Jacques Meyer sucht Hilfe für
seinen Haushalt (1908)
Anzeige
in "Neue jüdische Presse" vom 4. Juni 1908: "Gesucht per sofort ein
braves
Mädchen,
welches einen kleinen Haushalt führen und kochen kann.
Offerten und Lohnansprüche erbeten an Herrn
Jacques Meyer, Herrlisheim, Unterelsaß." |
Zur Geschichte der Synagoge
1805 wurde eine Synagoge
wahrscheinlich an der Stelle eines früheren Gebäudes erbaut. Eine neue
Synagoge wurde 1850 erstellt.
1940 wurde die Synagoge durch ein Bombardement zerstört. Es blieben von ihr nur noch die Mauern. Auch das angrenzende
Gebäude wurde völlig zerstört. Beide Gebäude sind im Laufe der 1950er Jahre
wieder aufgebaut worden. Auf Grund der nicht mehr ausreichenden Zahl jüdischer
Gemeindeglieder wurde die Synagoge 1969 geschlossen.
Das Gebäude der Synagoge ist erhalten.
Adresse der Synagoge:
6 Rue des Limoges
Fotos
(Fotos Hahn, Aufnahmedatum 14.4.2004)
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Die Synagoge und das
Nachbargebäude,
vermutlich frühere jüdische Schule |
Die ehemalige
Synagoge |
Das Eingangstor zum
Synagogenhof mit Davidstern |
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Die westliche Seite mit dem
Eingang |
Die Synagoge von Norden |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Herrlisheim
(German Herlisheim) Bas-Rhin dist. There were Jews in Herrlisheim from the
first half of the 18th century. By 1780, there were 15 families (66 persons). In
1936, the local Jewish community numbered 80 members. In 1940, bombardment
destroyed the synagogue. The Jews were expelled to the xouth of France, with the
rest of Alsace-Lorraine Jews.
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