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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Ettlingen (Landkreis Karlsruhe)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In dem bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts zur
Markgrafschaft Baden gehörenden Ettlingen lebten Juden bereits im Mittelalter.
Ein gewisser Muosez (= Moses) hatte vor 1308 einen Garten in der Stadt, ein
"Meier von Ettlingen" wird in Speyer als eines der dort führenden
Gemeindeglieder genannt. 1348/49
waren die Ettlinger Juden von der damaligen Judenverfolgung betroffen.
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in die Zeit des 16./17.
Jahrhunderts zurück. Seit 1526 werden Juden wieder vereinzelt genannt. Vorübergehend
wurden sie nach 1584 und 1614 aus der Stadt vertrieben. 1605 wohnten vier jüdische
Familien in Ettlingen. Diese Familien wohnten damals in der "Judengasse" (heutige Färbergasse
westlich der Sternengasse).
In Geleitzahlungen in Pforzheim 1636 (Quelle GLA 171/1979; Rechnung
des Untervogts in Pforzheim 1636/37 S. 9-10) wird zwischen September und
November 1636 mehrfach Jud Mathes von Ettlingen genannt. Unter den jüdischen
Marktbesuchern im Amt Tübingen (Quelle HSAS A 302 Band 12214: Rechnung des
Untervogts in Tübingen 1639/40) werden im Februar 1640 gleichfalls Juden
aus Ettlingen genannt.
Literatur: Friedrich R. Wollmershäuser: In: Südwestdeutsche Blätter für
Familien- und Wappenkunde. Jahrbuch 2017.
Nach der Zerstörung Ettlingens 1689 und dem Wiederaufbau der Stadt wohnten um 1700
mindestens zwei Familien auch außerhalb der "Judengasse": ein jüdisches Haus stand
"am Markt an dem kleinen Bruck-Gäßlein", ein anderes war das Haus Kirchenplatz 3; an ihm nennt eine
hebräische Inschrift auf dem Türsturz das Baujahr 1703. 1714 lebten wieder
sieben jüdische Familien in der Stadt.
Die Zahl der jüdischen Einwohner blieb im 18./19. Jahrhundert vor allem
durch ständige Abwanderungen nach Karlsruhe kaum größer: 1825 wurden 33, 1875
42 jüdische Einwohner gezählt. Die höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde um
1910 mit 75 Personen erreicht.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof
in Kuppenheim beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde
war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig
war (vgl. Ausschreibungen der Stelle unten). Die Gemeinde gehörte seit 1827 zum
Rabbinatsbezirk Karlsruhe, nach 1885 zum Rabbinatsbezirk Bühl.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde David Falk (geb.
18.1.1895 in Malsch, gef. 24.3.1918) und Gefreiter Isidor Machol (geb. 14.3.1895
in Ettlingen, gef. 23.11.1916). Außerdem ist gefallen: Unteroffizier Albert
Mayer (geb. 26.10.1892 in Ettlingen, gef. 27.5.1918).
Um 1924 waren die Vorsteher der jüdischen Gemeinde Emil Bodenheimer und
Sigmund Machol. Als Lehrer, Vorbeter und Schochet war Lazarus Aberbach tätig.
Er unterrichtete an der Religionsschule der Gemeinde damals zwei Kinder: auch in
Nachbargemeinden hatte er Unterrichtsaufträge (z.B. in Malsch). 1932
waren die Gemeindevorsteher Berthold Dreyfuss (1. Vors.) und Berthold Mayer (2.
Vors.). An jüdischen Vereinen gab es einen Frauenverein (1932 unter Leitung der
Frau von Max Machol; Zweck und Arbeitsgebiet: Unterstützung Hilfsbedürftiger
und Kranker).
Jüdischen Einwohnern gehörten bis nach 1933 mehrere Gewerbe- und Handelsbetriebe
in der Stadt, insbesondere: Altwarenhandlung Emil Bodenheimer (Pforzheimer Straße
10), Viehhandlung Berthold Dreifuß (Rheinstraße 21), Mehlhandlung Max Falk (Schöllbronner
Straße 32), Viehhandlung Max Machol (Rheinstraße 21), Metzgerei Sigmund Machol
(Kronenstraße 16), Schuhgeschäft David Marx (Kronenstraße 8), Viehhandlung Berthold Mayer
(Rheinstraße 8), Jüdische Wirtschaft "Zur Rose", Inh. Elias Mayer (Hirschgasse 4), Viehhandlung Isaak Mayer (Hirschgasse 5), Kaufmann Michael Schiff
(Leopoldstraße 9), Althandlung und Geflügelhandlung Paul Spielmann (Marktstraße
6), Kaufmann Zall Wertheimer (Schillerstraße).
1933 wurden 48 jüdische Personen in
Ettlingen gezählt. In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Über die Ereignisse beim Novemberpogrom
1938 gegen die Synagoge siehe unten. Im Zusammenhang mit dem Novemberpogrom
wurden mehrere jüdische Männer verhaftet und in das KZ Dachau verschleppt, von
wo sie erst nach Wochen zurückkamen. Neun der letzten jüdischen Einwohner
wurden am 22. Oktober 1940 von Ettlingen nach Gurs deportiert.
Von den in Ettlingen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Sofie Bensinger geb.
Wertheimer (1881), Emil Bodenheimer (1880), Hermann Bodenheimer (1885), Ludwig
Bodenheimer (1883), Berthold Dreyfuß (1870), Karoline Dreyfuß geb. Hirsch
(1874), Max Falk (1867), Gisela Festerling geb. Schechter (1888), Minna Hammel
geb. Machol (1898), Sophie Heim geb. Machol (1866), Hermann Hirsch (1883),
Jeanette Hirsch geb. Kahn (1887), Meta Kahn geb. Machol (1886), Elisabeth Kühl
geb. Ganz (1895), Berthold Mayer (1865), Frieda Mayer geb. Löb (1862), Hermann
Mayer (1897), Martha Mayer geb. Frank (1907), Erwin Meissner (1900), Johanna
Muhr geb. Weil (1876), Anna Spielmann geb. Hoffert (1894), Helene Spielmann
(1929), Lazarus Spielmann (1919), Lina Spielmann (1923), Max Moses Spielmann
(1925), Paul (Pinkas) Spielmann (1893), Sigmund Spielmann (1927), Melanie
Vollmer geb. Mayer (1887).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1839 /
1840 / 1842 / 1848 / 1851 / 1853 / 1855 / 1873 / 1889 /
1890 / 1893 / 1898 / 1891 / 1901 / 1903
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 20. Februar 1839 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Bei der israelitischen Gemeinde Ettlingen ist die Lehrstelle für den
Religionsunterricht
der Jugend, mit welcher ein Gehalt von 45 Gulden nebst freier Kost und
Wohnung sowie der Vorsängerdienst samt den davon abhängigen Gefällen verbunden ist, erledigt, und durch Übereinkunft mit der Gemeinde unter
höherer Genehmigung zu besetzen. Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert,
unter Vorlage der Rezeptionsurkunde und der Zeugnisse über ihren
sittlichen und religiösen Lebenswandel binnen 6 Wochen sich bei der
Bezirks-Synagoge Karlsruhe zu melden. Auch wird bemerkt, dass im Falle weder Schulkandidaten noch
Rabbinatskandidaten sich melden, andere inländische Subjekte nach
erstandener Prüfung bei dem Bezirks-Rabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden, denen von Seiten der israelitischen Gemeinde auch gestattet wird,
das großherzogliche Schullehrerseminar daselbst zu besuchen, insofern der
Religionsunterricht ihrer Jugend nicht dadurch vernachlässigt wird." |
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Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" von 1840 S. 203 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Bei der israelitischen Gemeinde
Ettlingen ist die Lehrstelle für den Religionsunterricht
der Jugend, mit welcher ein Gehalt von 40 Gulden nebst freier Kost und
Wohnung sowie der Vorsängerdienst samt den davon abhängigen Gefällen verbunden ist, erledigt, und durch Übereinkunft mit der Gemeinde unter
höherer Genehmigung zu besetzen. Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert,
unter Vorlage der Rezeptionsurkunde und der Zeugnisse über ihren
sittlichen und religiösen Lebenswandel binnen 6 Wochen sich bei der
Bezirks-Synagoge Karlsruhe zu melden. Auch wird bemerkt, dass im Falle weder Schulkandidaten noch
Rabbinatskandidaten sich melden, andere inländische Subjekte nach
erstandener Prüfung bei dem Bezirks-Rabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden, denen von Seiten der israelitischen Gemeinde auch gestattet wird,
das großherzogliche Schullehrerseminar daselbst zu besuchen." |
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Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 14. September 1842 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Vakante Schulstellen.
[Bekanntmachung.]. "Vakante Schulstellen. Bei der israelitischen Gemeinde
Ettlingen ist die
Lehrstelle für den Religionsunterricht der Jugend, mit welcher ein
Gehalt von 40 fl., nebst freier Kost und Wohnung, sowie der
Vorsängerdienst samt den davon abhängigen Gefällen verbunden ist,
erledigt, und durch Übereinkunft mit der Gemeinde unter höherer
Genehmigung zu besetzen.
Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert,
unter Vorlage ihrer Rezeptionsurkunde und der Zeugnisse über ihren
sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen bei der
großherzoglichen Bezirkssynagoge Karlsruhe sich zu melden.
Auch wird bemerkt, dass im Falle sich weder Schul- noch
Rabbinatskandidaten melden, andere inländische Subjekte, nach
erstandener Prüfung bei dem Rabbiner, zur Bewerbung zugelassen werden,
denen von Seiten der israelitischen Gemeinde auch gestattet wird, das
großherzogliche Schullehrerseminar dortselbst zu besuchen." |
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Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 25. November 1848 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Die mit einem festen jährlichen Gehalte von 50 fl. und den
üblichen Nebengefällen verbundene Vorsängerstelle bei der
israelitischen Gemeinde Ettlingen, Synagogenbezirks Karlsruhe, ist
zu besetzen.
Die berechtigten Bewerber um dieselbe werden daher aufgefordert, mit ihren
Gesuchen, unter Vorlage ihrer Aufnahmeurkunden und der Zeugnisse über
ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen, mittelst
des betreffenden Bezirksrabbinats, bei der Bezirkssynagoge Karlsruhe sich
zu melden.
Bei dem Abgange von Meldungen von Schul- oder
Rabbinatskandidaten, können auch andere inländische befähigte Subjekte
nach erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden. Dabei wird ferner bemerkt, dass dem anzustellenden Vorsänger von
Seiten der israelitischen Gemeinde daselbst der gleichzeitige Besuch des
großherzoglichen katholischen Schulseminars zu Ettlingen gestattet wird." |
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Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 15. Januar 1851 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Vakante Schulstellen.
Die mit einem festen Gehalte von 50 fl. und einem jährlichen
Schulgelde von 48 kr. für jedes die Religionsschule besuchende Kind,
nebst freier Kost und Wohnung und dem Vorsängerdienste, samt den davon abhängigen
Gefällen, verbundene Religionsschulstelle bei der israelitischen Gemeinde
Ettlingen, Synagogenbezirks Karlsruhe, ist zu besetzen. Die berechtigten Bewerber um dieselbe werden daher aufgefordert, mit ihren
Gesuchen, unter Vorlage ihrer Aufnahmeurkunden und der Zeugnisse über
ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen, mittelst
des betreffenden Bezirksrabbinats, bei der Bezirkssynagoge Karlsruhe sich
zu melden.
Bei dem Abgange von Meldungen von Schul- oder
Rabbinatskandidaten, können auch andere inländische befähigte Subjekte
nach erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden." |
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Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 26. Februar 1853 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Die mit kreier Kost und Wohnung, einem festen Gehalte von 60 fl. und einem jährlichen
Schulgelde von 48 kr. für jedes die Religionsschule besuchende Kind und dem Vorsängerdienste samt den davon abhängigen
Gefällen, verbundene Religionsschulstelle bei der israelitischen Gemeinde
Ettlingen, Synagogenbezirks Karlsruhe, ist zu besetzen.
Die berechtigten Bewerber um dieselbe werden daher aufgefordert, mit ihren
Gesuchen, unter Vorlage ihrer Aufnahmeurkunden und der Zeugnisse über
ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen, mittelst
des betreffenden Bezirksrabbinats, bei der Bezirkssynagoge Karlsruhe sich
zu melden.
Bei dem Abgange von Meldungen von Schul- oder
Rabbinatskandidaten, können auch andere inländische befähigte Subjekte
nach erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden." |
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Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 24. Februar 1855 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Die mit einem festen Gehalte von 60 fl.. freier Kost und Wohnung und einem
Schulgelde von 48 kr. für jedes die Religionsschule besuchende Kind und dem Vorsängerdienste samt den davon abhängigen
Gefällen, verbundene Religionsschulstelle bei der israelitischen Gemeinde
Ettlingen, ist zu besetzen.
Die berechtigten Bewerber um dieselbe werden daher aufgefordert, mit ihren
Gesuchen, unter Vorlage ihrer Aufnahmeurkunden und der Zeugnisse über
ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen, mittelst
des betreffenden Bezirksrabbinats, bei der Bezirkssynagoge Karlsruhe sich
zu melden.
Bei dem Abgange von Meldungen von Schul- oder
Rabbinatskandidaten, können auch andere inländische befähigte Subjekte
nach erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden." |
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Anzeige
in der "Karlsruher Zeitung" vom 5. März 1873: "Verwaltungssachen.
Auskündigung einer Religionsschulstelle. Die mit einem festen jährlichen
Gehalte von 50 fl., freier Kost und Wohnung verbundene Religionsschulstelle
bei der israelitischen Gemeinde Ettlingen ist zu besetzen und wird
bei Versehung der Stelle der gleichzeitige Besuch des Großherzoglich
katholischen Schullehrerseminars daselbst auf Verlangen gestattet. Bewerber
wollen sich binnen 4 Wochen bei der Bezirkssynagoge Karlsruhe
melden." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. September 1889:
"Auskündigung einer Religionsschulstelle. Die mit dem Kantor-
und Schächterdienst verbundene israelitische Religionsschulstelle
Ettlingen (Baden) ist auf den 1. Dezember 1889 zu besetzen. Fixum 500
Mark; freie unmöblierte Wohnung. Ledige werde bevorzugt. Meldungen, mit
beglaubigten Zeugnisabschriften versehen, sind anher zu richten.
Großherzogliche Bezirkssynagoge Bühl: Dr. Mayer." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. November 1889:
"Auskündigung einer Religionsschulstelle. Infolge Berufung
des kürzlich erwählten Lehrers in den staatlichen Volksschuldienst soll
die mit dem Kantor- und Schächterdienst verbundene Religionsschulstelle
Ettlingen (Baden) sofort anderweitig besetzt werden. Fester Gehalt 500
Mark, Nebeneinkommen 3-400 Mark, freue möblierte Wohnung. Ledige |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juni 1890:
"Auskündigung einer Religionsschulstelle. Die mit dem Kantor-
und Schächterdienst verbundene Religionsschulstelle zu Ettlingen (bei
Karlsruhe) soll wegen plötzlicher Berufung des bisherigen Lehrers an eine
Staatsstelle seine Heimatlandes Bayern auf 1. Juli dieses Jahres neue
besetzt werden. Fixum 500 Mark, Nebeneinkommen inklusive Schechitah 400
Mark nebst freier, unmöblierter Wohnung. Ledige Bewerber wollen ihre
beglaubigten Zeugnisabschriften sofort an die unterzeichnete Stelle
einsenden.
Bühl, den 25. Juni 1890. Großherzogliche badische Bezirks-Synagoge. Dr.
Mayer." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Februar 1893:
"Auskündigung einer Religionsschulstelle. Die mit dem
Vorsänger- und Schächterdienst verbundene Religionsschulstelle in
Ettlingen (Baden) soll sofort wieder besetzt werden. Fixum 500 Mark.
Nebeneinnahmen ca. 400 Mark; freie Wohnung. Ledige werden bevorzugt.
Meldungen nebst beglaubigten Zeugnisabschriften sind längstens bis 15.
dieses Monats an uns einzusenden.
Bühl, den 2. Februar 1893. Großherzogliche Bezirks-Synagoge.
Dr. Mayer." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Juni 1898:
"Auskündigung. Die mit dem Kantor- und Schächterdienst
verbundene Religionsschulstelle in Ettlingen bei Karlsruhe soll sofort
wieder ordnungsmäßig besetzt werden. Fixum 600 Mark,
Nebeneinkommen 4-500 Mark und freie Wohnung für einen Ledigen. Meldungen
nebst beglaubigten Zeugnisanschriften sind an die unterzeichnete Stelle
einzureichen.
Bühl in Baden, den 2. Juni 1898. Die Bezirks-Synagoge. Dr.
Mayer." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Januar 1901:
"Die Stelle des Religionslehrers, Schächters und Kantors in
Ettlingen (Baden) ist alsbald zu besetzen. Gehalt Mark 700 pro Jahr und
ca. Mark 400 Nebenverdienste. Bewerbungen wollen an den Vorsteher
Machol daselbst gerichtet werden." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. April 1901:
"Auskündigung einer Religionsschulstelle.
Die mit dem Kantor- und Schächterdienst verbundene Religionsschulstelle
in Ettlingen bei Karlsruhe ist möglichst sofort zu besetzen. Fester
Gehalt vorerst 700 Mark und 100 Mark Wohnungszuschuss.
Nebeneinkommen 300-400 Mark. Ledige bevorzugt. Meldungen nebst beglaubigten
Zeugnisabschriften sind portofrei dahier einzureichen.
Bühl (Baden), 1. April.
Die Bezirkssynagoge, Dr. Mayer." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Oktober 1901:
"Auskündigung einer Religionsschulstelle.
Die mit dem Kantor- und Schächterdienst verbundene Religionsschulstelle
in Ettlingen bei Karlsruhe ist sofort zu besetzen. Fester Gehalt 900 Mark
nebst freier Wohnung. Nebengefälle 3 bis 400 Mark. Meldungen nebst
beglaubigten Zeugnisabschriften sind an die unterzeichnete Stelle zu
richten.
Bühl (Baden), 15. Oktober.
Die Bezirks-Synagoge: Dr. Mayer". |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. August 1903: "Vakanz!
Die mit dem Kantor- und Schächterdienst verbundene Religionsschulstelle
in Ettlingen bei Karlsruhe ist alsbald neu zu besetzen. Fixum 1.100 Mark.
Nebengefälle 300-400 Mark. Ledige werden bevorzugt. Meldungen nebst
amtlich beglaubigten Zeugnisabschriften sind sofort anher zu richten.
Unbeglaubigte Zeugnisse bleiben unberücksichtigt und werden nicht
retourniert.
Bühl (Baden) im August 1903:
Die Bezirks-Synagoge: Dr. Mayer." |
Lehrer Josef Herz verlässt die Gemeinde
(1903)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 18. September
1903: "Eppingen in Baden.
Im Mai dieses Jahres verließ uns unser langjähriger. verdienstvoller
Lehrer, Elias Eichstetter, infolge seiner Pensionierung. Obschon
zahlreiche Bewerber vorhanden sind, ist die Stelle noch unbesetzt. Als Verweser
für dieselbe wurde Josef Herz, Lehrer zu Ettlingen bestellt, dem
dieselbe wohl auch am Ende definitiv übertragen werden
dürfte." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Zum Tod von Kaufmann Abraham Mayer (1892)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. August 1892: "Ettlingen
in Baden. Dieser Tage starb dahier im Alter von 80 Jahren der Kaufmann
Abraham Mayer. Derselbe, welcher schon vor der Geburt den Vater verloren
hatte, wurde von seiner Mutter, einer geb. Ettlinger aus Karlsruhe, nach
der frommen Weise ihrer Familie erzogen, und war er während seines ganzen
Lebens ein echter Jehudi im wahren Sinne des Wortes. Zu einem großen Teil
seines Lebens war er Vorstand in die hiesigen Gemeinde und konnte durch
seinen Einfluss die Neologie keinen Fuß hier fassen. Da der Lehrer- und
Vorbeterdienst in der Gemeinde durch einen Zögling des hiesigen
Großherzoglichen Schulseminars zu versehen war, diesem aber oft die Zeit
zur gehörigen Vorbereitung fehlte, als Vorsänger und Vorbeter
fungieren zu können, so hat der Verblichene seit fast einem halben
Jahrhundert diese Funktionen nicht nur an den ehrfurchtgebietenden
Tagen, sondern das ganze Jahr hindurch versehen. Den
Lehrer-Seminaristen stand er stets mit Rat und Tat bei." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige von Henry Mayer (1890)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Dezember 1890: "Verlangt
- ein besseres Zimmermädchen aus guter Familie für einen kleinen
Haushalt. Zeugnisse nebst Photographie einzuschicken an Henry Mayer,
Ettlingen bei Karlsruhe." |
Lehrlingssuchen des Papier-Engros-Geschäftes Machol & Löwengardt (1901 /
1904)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. März 1901: "Lehrlingsgesuch.
Wir nehmen in unser Papier-Engros-Geschäft, Samstags und israelitische
Feiertage geschlossen, per 1. Juni oder etwas früher, einen Lehrling mit
guten Schulkenntnissen auf und erbitten Angebote.
Machol & Löwengardt, Ettlingen (Baden)." |
|
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. April 1904:
"Lehrlings-Gesuch.
Einen Lehrling mit guter Schulbildung nehmen nach Ostern auf; Samstags und
israelitische Feiertage geschlossen.
Machol & Löwengardt, Ettlingen". |
Zur Geschichte des Betsaals / der Synagoge
Über mittelalterliche Einrichtungen
ist nichts bekannt. Vermutlich kam es damals nicht zur Bildung einer
Gemeinde.
Über einen Betsaal liegen erst Mitte des 18.
Jahrhunderts Informationen vor. 1742 bat die gesamte Ettlinger Judenschaft, in
einem in der Neustadt liegenden Judenhaus ihre Schule, das heißt einen Betsaal
einrichten zu dürfen. Damals wurde Baumeister Rohrer von Rastatt zur
Besichtigung der in Frage kommenden jüdischen Häuser zugezogen. Er prüfte, ob
ein durch Außenlärm nicht zu sehr gestörter Raum in diesen Häuser zu finden
sei. Es ist anzunehmen, dass damals ein Betsaal ("Judenschule") im
Albstraße 31/Ecke Färbergasse ("Judengasse") eingerichtet wurde.
Dieses Haus war wenige Jahre zuvor von einer jüdischen Familie erbaut worden.
1984 wurde bei der Renovierung des Hauses eine hebräische Inschrift über dem
Eingang Färbergasse entdeckt, die auf das Baudatum des Hauses (Rosch
Chodesch = 1. Cheschwan (5)466 = 19. Oktober 1705 und den damaligen jüdischen Besitzer
(Isai Wentul, Wentol oder Isai und Entul, Entol?)
hinweist. Der Betsaal in diesem Haus war freilich nur gemietet; die jüdische
Gemeinde hatte um 1820 jährlich 60 Gulden an Mietzins zu bezahlen.
1848/49 beschloss die jüdische Gemeinde, "ein eigenes
Lokal zu unserem Bethause anzukaufen, und ist soweit, dass wir es auch gekauft
haben". Der Kauf bezog sich auf ein altes Gerberhäuschen, das von der
Gemeinde zu einer ersten Synagoge umgebaut wurde. Es befand sich an der
Alb gegenüber dem Pfarrhaus St. Martin. Zum Erwerb dieses Gebäudes und zur
Einrichtung als Synagoge erbat die Ettlinger Judenschaft damals sowohl vom
Gemeinderat als auch vom Ministerium des Innern einen Zuschuss, "weil sich
unsere Seelenzahl vermehrt", aber auch, "weil wir keinen Fonds haben
und unsere meisten Angehörigen arm sind". In diesem Gebäude wurde auch
ein rituelles Bad eingerichtet. 1857 wurde das Bad vom Bezirksrabbinat freilich
als "unreligiös und unbrauchbar" beschrieben, weshalb der
Synagogenrat noch im gleichen Jahr wegen eines Neubaus an den Gemeinderat
herantrat mit der Bitte, durch Einbau einer Deuchelleitung in die Alb die
Wasserzuführung zu ermöglichen. Ob es dazu kam, ist aus den vorliegenden
Quellen nicht mehr erkennbar. Bereits um 1880 war das Gebäude der ersten
Synagoge den 70 in Ettlingen lebenden Juden zu klein, das Gebäude war auch völlig
veraltet. Es stand zudem der offener werdenden Stadt im Wege, weshalb im "Mittelbadischen
Courier" vom 16. Juli 1871 der Wunsch zu lesen war: "Hoffentlich wird
die Synagoge, welche ebenfalls den Verkehr stört und in bezug auf die
architektonische Form der Gans ebenbürtig ist, bald nachfolgen und durch
gemeinschaftliches Zusammengehen der Stadtbehörde und der Israelitischen
Gemeinde der letzteren an anderer Stelle ein würdiger Tempel errichtet".
1888 wurde nach dem Bau der neuen Synagoge das Gebäude der alten abgebrochen.
Eine Gedenktafel für die Alte Synagoge wurde im November 1985 an der neuen
Albufermauer, unweit der Sternengasse, in der Sandsteinkanzel eingelassen mit
der Inschrift: "Ettlinger Synagoge. durch Umbau eines Gerberhauses 1849 an
dieser Stelle errichtet und 1888 abgebrochen. Der Neubau der Synagoge in der
Pforzheimer Straße wurde 1938 niedergebrannt".
Die Pläne für die neue, 1888/89 erbaute Synagoge fertigte
der spätere Stadtbaumeister Alexander Kiefer. Die Synagoge befand sich in der Nachbarschaft zweier weiterer öffentlicher
Gebäude: des Spitals (heute Stephanus-Stift) und der Thiebauthschule
(Pforzheimer Straße 20). Die ganz in Werkstein ausgeführte, Stilformen
der Renaissance aufgreifende Fassade des Baus wies eine vertikale Dreiteilung
auf, indem zwei mit Kuppeldächern versehene Eckrisalite den Mittelteil
turmartig einrahmten. Die Eckrisalite, mit hervorgehobenen Eckquadern im
Erdgeschoss, trugen im Obergeschoss je zwei Schrifttafeln, auf denen Gebote und
Psalmen in hebräischer Schrift zitiert waren. Am Sonntag, 6. Oktober 1889 wurde
die Synagoge durch Oberrabbiner Dr. Mayer aus Bühl eingeweiht. Es war der Tag
nach dem Versöhnungsfest, an dem man nach jüdischer Tradition mit dem
Bau der Laubhütte beginnt. Die
Festgemeinde, zu der auch christliche Mitbürger zählten, war zuvor nach einem
Abschiedsgottesdienst in der alten Synagoge in Begleitung des Musikzugs der
Ettlinger Unteroffiziersschule zum neuen Gotteshaus gezogen, wo ein Gemeinderat
das Gebäude unter den Schutz der Stadt nahm.
Die Einweihung der Synagoge in Ettlingen am 6. Oktober
1889
Artikel im "Mittelbadischen Kurier" vom 9. Oktober 1888:
"Ettlingen, 7. Okt.: Die Einweihung der neuen Synagoge hat vorgestern Nachmittag
durch den Oberrabbiner Herrn Dr. Mayer von Bühl stattgefunden. Nachdem in der
alten Synagoge ein kurzer Abschiedsgottesdienst abgehalten worden war, bewegte
sich ein langer Zug, die Musik der Königlichen Unteroffizierschule voran, durch
die Kronenstraße zum neuen Gotteshaus an der Pforzheimerstraße. Es hatten sich
von auswärts sehr viele Glaubensgenossen eingefunden, um der hiesigen
Israelitischen Gemeinde zu ihrem Freudenfeste ihre Teilnahme zu bezeugen. Aber
auch eine Menge Bewohner christlichen Bekenntnisses nahmen am Zug und am Eröffnungsgottesdienst
teil. Am Eingang zur Synagoge übergab Fräulein Ernstine Bodenheimer dem
Vertreter der Stadt, Herrn Gemeinderat May, den Schlüssel mit einer Ansprache
und mit der Bitte, auch dieses Gotteshaus unter den Schutz der Gemeinde zu
nehmen, worauf Herr Haas im Namen des Gemeinderats die neue Synagoge unter den
öffentlichen Schutz stellte, wünschend, dass auch von diesen geweihten Räumen
aus Frieden und Eintracht unter die Einwohnerschaft getragen werden möge. Nach
Öffnung der Pforte suchte im Innern Platz zu finden, wem es nur möglich war.
"Mein Haus soll ein Bethaus genannt werden für alle Volker". Mit
diesem Prophetenworte, das über der Eingangstür prangte, begann der Herr
Oberrabbiner seine Festpredigt. Er wolle hiermit jedoch nicht gesagt haben, dass
alle Menschen den israelitischen Kultus annehmen sollen; durchaus nicht: Es
könne nach dem Talmud vielmehr jeder sozusagen nach seiner Façon selig werden.
Seit der Zeit, in welcher der Talmud geschrieben worden, seien Jahrtausende
verflossen; auf allen Gebieten haben die Menschen enorme Fortschritte gemacht.
Nur in einem Punkte ließen sich noch viele Fortschritte wünschen: In der
Nächstenliebe. Redner führte aus, wie der eine den andern wegen seines
Glaubens noch bemängele, wie er meint, nur allein das Rechte zu besitzen und
doch stehe die Nächstenliebe über allem erhaben da. Auch dieses Gotteshaus sei
erbaut worden auf Grund der Nächstenliebe. Wohl ist in erster Linie dem
rührigen Vorstand der hiesigen Israelitischen Gemeinde der Dank zu zollen für
seine Aufopferung, allein wenn nicht von Seiten der politischen Gemeinde in so
freundlicher Weise entgegengekommen worden wäre, so könne heute dieses Fest
doch nicht gefeiert werden. Weiter sei die Opferfreudigkeit der hiesigen
Einwohnerschaft und der Glaubensgenossen von Nah und Fern hervorzuheben. Allen,
die sich am Bau oder in irgend einer andern Weise verdient gemacht haben um das
Gelingen dieses Werkes, das so recht die Nächstenliebe zu Stande gebracht, sei
der aufrichtige Dank ausgesprochen. Dies sind wohl die Hauptgedanken der
Festpredigt. Nach abwechselnden Gesängen und Gebeten schloss der Gottesdienst,
worauf die schön geschmückten Räume der freien Besichtigung des Publikums
geöffnet wurden. Abends fand sodann im Gasthaus zum Erbprinzen ein Konzert und gestern Abend
ein Festball im Gasthaus zum Hirsch statt, welch beide Festlichkeiten den
schönsten Verlauf nahmen.
Die Synagoge bietet in ihrer Vorderansicht einen hübschen Anblick dar, doch
sind ihre Seitenwände etwas kahl. Diesem Überstande soll, wie wir hören,
durch Anpflanzung von Bäumen zu beiden Seiten abgeholfen werden.
Mit dem Abbruch der alten Synagoge wird ein Wahrzeichen Ettlingens
verschwinden, was jedoch in keinerlei Weise zu bedauern ist, denn es wird nicht
nur Licht und ein freier Blick für die Nachbarhäuser geschaffen, auch der Ausblick
von der Brücke am Rathaus wird ein freundlicherer und der Verkehr auf der
Albstraße bedeutend erleichtert werden." |
Bis 1938 wurden in der Synagoge
Gottesdienste abgehalten.
Am Morgen des 10. November 1938 wurde die Synagoge
von Westwallarbeitern unter Führung eines SA-Sturmführers angezündet.
Sie brannte völlig aus; die Feuerwehr beschränkte sich vor allem auf den
Schutz der Nachbargebäude. Ein Jahr lang blieb die rauchgeschwärzte Ruine in
der Pforzheimer Straße stehen. Dann erfolgte ihr Abbruch auf Kosten der
Israelitischen Gemeinde, was der Synagogenrats-Vorsitzende Max Falk mit seiner
Unterschrift zu bescheinigen hatte. Nach Aufstellung des Stadtbauamts kostete
der Abbruch 88,88 Mark.
Artikel in der NS-Presse über den 10. November 1938
in Ettlingen
(Anmerkung: ein widerlicher Hetzartikel,
geschrieben von einem nationalsozialistisch gesinnten Berichterstatter)
Artikel in der Zeitschrift "Der Führer" vom 13. August 1938: "Ein
erinnerungsreicher Tag.
Der 10. November 1938 wird in der Geschichte der Stadt Ettlingen für immer
seine besondere Note behalten. Am Morgen dieses Tages haben die Sirenen der
Bevölkerung angezeigt, dass der Nationalsozialismus als fanatische und
gläubige Idee sich durch ein feiges Judentum auf die Dauer nicht mehr
herausfordern lässt. Wenn aus der Brutstätte aller jüdischen Verkommenheit,
aus der Synagoge in der Pforzheimer Straße, in den Morgenstunden Rauch und
Flammen emporstiegen, wenn deutsche Arbeiter durch die Straßen fuhren und in
Sprechchören gegen die jüdische Frechheit und den verbrecherischen
Mordanschlag gegen einen Deutschen Volks- und Parteigenossen in
unmissverständlicher Weise Stellung nahmen, dann war dies die Stimme des
Volkes, die sich auch hier bemerkbar machte und Anklage wieder die dunklen
Mächte erhob, die ein solches Morden befohlen.
Wenn als Folge dieser spontanen Kundgebungen die Ettlinger Juden in
Schutzhaft genommen werden mussten, ohne dass ihnen mehr geschah, dann ist
dies wiederum ein Zeichen der Disziplin der Arbeiterschaft, die Grund genug
gehabt hätte, ihrer inneren Empörung noch mehr Luft zu verschaffen. Als dann
bekannt wurde, dass unser Reichsminister Dr. Goebbels zur Einstellung der
verständlichen Demonstrationen aufforderte, hat man sich sofort dem Befehl
gefügt und so nationalsozialistische Disziplin bekundet." |
Auf dem Grundstück der Synagoge wurde nach 1945 ein Wohn-
und Geschäftshaus errichtet (Pforzheimer Straße 33). Eine Gedenktafel für die
Synagoge wurde an diesem Haus 1966 angebracht. Diese wurde vor einigen Jahren
durch eine neue Tafel mit einer Ansicht der ehemaligen Synagoge ersetzt.
Im Albgau-Museum
befindet sich eine bemalte Holztafel aus der zerstörten Synagoge. Im
Stadtarchiv sind außer den sich auf die jüdischen Gemeinde beziehenden Akten
und Zeitungsausschnitten ein Stück einer Torarolle aus der zerstörten Synagoge
und das "Bürgerliche Standesbuch der israelitischen Gemeinde Ettlingen"
(1811 bis 1870) vorhanden.
Fotos
Historische Fotos:
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Die alte Synagoge an der Alb, 1890 abgebrochen |
Stadtplan Ettlingen (um 1860?) mit
Eintragung der (alten) Synagoge
und der Judengasse |
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Plan der Fassade der
neuen Synagoge |
Schnittplan der neuen Synagoge mit
der im Obergeschoss befindlichen
Frauenempore (Quelle:
Stude s. Lit. S. 352) |
Neue Synagoge (1896)
(Quelle: Ziwes s. Lit. S. 51) |
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Blick auf die Ettlinger
Synagoge -
Ansicht von Osten
(Quelle: Zives s.Lit. S. 79) |
Bemalte Holztafel aus der Synagoge
Ettlingen, aufbewahrt im
Albgau-Museum
(Schloss Ettlingen) |
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Die Pogromnacht im November
1938 |
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Die Ettlinger Synagoge am
Morgen nach dem Pogrom
(Quelle: Stadtarchiv
Ettlingen) |
Brennende Seiten aus den Gebetbüchern
der Ettlinger Synagoge wurden vom
Wind durch die Straßen geweht
(Quelle Stude s. Lit. S. 278) |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Fotos um 1985:
(Fotos: Hahn) |
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Pforzheimer Straße 33: Gebäude
auf dem Grundstück der
ehemaligen Synagoge |
Gedenktafel für die ehemalige
Synagoge, 1966 angebracht
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Fotos 2003/04:
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 16.9.2003
Foto Hausinschrift Albstraße 31: Frank Schneider) |
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Im linken Gebäude (Albstraße
31)
befand sich in der ersten Hälfte des
19. Jahrhunderts vermutlich ein
Betsaal |
Die Ansicht des Gebäudes von
der
Färbergasse; die Inschrift befindet
sich am rechten Eingang |
Hausinschrift am Gebäude
Albstraße 31
mit Baujahr des Hauses (1705) und
Name des damaligen
Besitzers |
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Standort der alten Synagoge an der Alb
(Fotos dieser Zeile: Hahn,
Aufnahmedatum 5.8.2004) |
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Standort der alten Synagoge
(im Bereich des parkenden Autos
bzw. links davon) |
Inschrift der sehr schwer
lesbaren Tafel:
"Ettlingen Synagoge durch Umbau eines
Gerberhauses
1849 an dieser Stelle errichtet
und 1888 abgebrochen. Der Neubau der
Synagoge in der Pforzheimer Straße
wurde 1938 niedergebrannt". |
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Standort der
neuen Synagoge |
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Das heutige
Gebäude Pforzheimer Straße 33 steht auf dem
ehemaligen
Synagogengrundstück |
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Die neue
Gedenkinschrift und -gedenktafel für die ehemalige Synagoge
am Gebäude
Pforzheimer Straße 33 |
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Portalinschrift |
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Haus Kirchenplatz 3 beim
Rathaus |
"Erbaut im Jahr
(5)463" = 1702/03 |
Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
November 2009:
"Stolpersteine" werden für Ettlingen
angeregt |
Pressemitteilung (Autor: Das Ettlinger
Bündnis gegen Rassismus und Neonazismus" in "stattweb.de-News und -Mitteilungen" vom 3. November 2009 (Artikel)
Ettlingen: Stolpersteine für Holocaustopfer.
Das sind Stolpersteine, über die man nicht stolpern kann. Dafür regen sie um so mehr zum Nachdenken und erinnern an.
Der Künstler Gunter Demnig erinnert an die Opfer der NS-Zeit, indem er auf dem Gehweg vor dem Grundstück ihrer letzten selbstgewählten Adresse Gedenktafeln aus Messing ins Trottoir einlässt. Inzwischen liegen STOLPERSTEINE in über 480 Orten Deutschlands, ebenso in Österreich, Ungarn und in den Niederlanden. "Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist", sagt Gunter Demnig. Mit den Steinen vor den Häusern wird die Erinnerung an die Menschen lebendig, die einst hier wohnten. Auf den Steinen steht geschrieben: Name, Lebensdaten und Todesort.
Ein Stein. Ein Name. Ein Mensch. Stolpersteine gibt es für Menschen aus allen Opfergruppen: jüdische Opfer, Sinti und Roma, Euthanasieopfer, Kommunisten, Sozialdemokraten u.a. Für 95 Euro kann jeder eine Patenschaft für die Herstellung und Verlegung eines STOLPERSTEINS übernehmen.
Das Ettlinger Bündnis gegen Rassismus und Neonazis sucht jetzt Paten für Stolpersteine in Ettlingen, die dann in Absprache mit Gunter Demnig in den Boden eingebracht werden sollen. Der Pate sucht die Person, die auf dem Stein verewigt wird, aus den Unterlagen des Ettlinger Bündnisses aus. Bis Ende Dezember können sich interessierte Bürgerinnen und Bürger
über das E-Mail oder unter 01520-1454518 melden." |
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Oktober 2019:
Bericht über die
"Stolperstein-Initiative" in Ettlingen |
Artikel von Markus Bernhardt in vom
23. Oktober 2019: "Gegen das Vergessen. 'Stolpersteine' im ländlicheren
Raum
Antifaschistische Gruppen in Kleinstädten oft auf sich allein gestellt.
Erfolge umso bemerkenswerter.
Bereits seit 1992 verlegt der Künstler Gunter Demnig in der Bundesrepublik,
aber auch in 23 anderen europäischen Ländern 'Stolpersteine', um an Menschen
zu erinnern, die in der Zeit des deutschen Faschismus ermordet, deportiert
oder in den Suizid getrieben wurden. Die Stolpersteine, die aus 96 mal 96
Millimeter großen Messingplatten, auf denen biographische Daten der
Naziopfer eingraviert sind, werden von dem Künstler vor den Eingängen der
einstigen Wohnhäuser der Verfolgten in den Boden eingelassen. Was im Gros
der Metropolen und Großstädte mittlerweile zum Alltag gehört, ist in
kleineren Städten und Kommunen keineswegs selbstverständlich. Hier sind
antifaschistische Initiativen, die Wert auf ein lokales Gedenken und eine
entsprechende Erinnerungsarbeit legen, meist weitestgehend auf sich
gestellt. Sie müssen nicht nur die Kosten für die Erstellung und Verlegung
der Stolpersteine aufbringen, sondern auch die biographischen Daten und
weitere Informationen zu den Opfern recherchieren, bei denen es sich unter
anderem um Jüdinnen und Juden, Antifaschisten, Homosexuelle und Angehörige
anderer gesellschaftlicher Minderheiten (wie etwa Anhänger von
Religionsgemeinschaften oder von den Nazis als asozial oder kriminell
diffamierte und verfolgte Personengruppen) handelt.
In der bei Karlsruhe gelegenen baden-württembergischen Kreisstadt Ettlingen
hat sich das dort bereits seit 2005 aktive 'Ettlinger Bündnis gegen
Rassismus und Neonazis' in den letzten Jahren der lokalen Gedenkkultur
gewidmet und bereits seit 2006 der Verlegung von Stolpersteinen. In
mühevoller Kleinarbeit haben die Mitglieder des engagierten
Zusammenschlusses in Archiven die Biographien der Opfer recherchiert, den
örtlichen Gemeinderat davon überzeugt, die Verlegung der Stolpersteine zu
unterstützen und Patinnen und Paten zur Finanzierung der Gedenksteine zu
finden. 'Mittlerweile erinnern in Ettlingen 42 Stolpersteine an Bürgerinnen
und Bürger, die zur Zeit des deutschen Faschismus ermordet worden sind: an
Juden, 'Euthanasie'-Opfer und Zwangsarbeiter', informiert das Bündnis im
Vorwort einer von ihm eigens erstellten Broschüre. In besagter
Veröffentlichung finden sich nicht nur die biographischen Informationen zu
den Opfern des Naziregimes, sondern auch eine Vielzahl von Bildern sowie ein
Stadtplan, der die Orte der verlegten Stolpersteine zeigt und zugleich als
Vorschlag für einen Stadtrundgang genutzt werden kann.
Mit seinem anhaltenden Engagement hat das vollkommen ehrenamtlich tätige
Ettlinger Bündnis einen bemerkenswerten Beitrag zur Aufarbeitung der
Geschichte der Verfolgungen in der heute knapp 40.000 Einwohner zählenden
Stadt geleistet, der unter normalen Umständen von den politisch
Verantwortlichen selbst hätte erbracht werden müssen. Derlei Aufgaben werden
vor allem im ländlichen Raum immer häufiger auf kleine Initiativen
abgewälzt. Das sagt auch etwas darüber aus, welchen Stellenwert
antifaschistische Gedenk- und Erinnerungsarbeit mitunter hat."
Link zum Artikel
Anmerkung des "Ettlinger Bündnisses gegen Rassismus und Neonazis":
"Verehrte Redaktion, herzlichen Dank für euren Bericht über unsere
Initiative und unsere Stolperstein-Broschüre. Ein Hinweis auf unsere
E-Mail-Adresse könnte bestimmt noch nachgeholt werden:
ettlinger-buendnis@gmx.de.
Dann können Interessierte die Stolperstein-Broschüre bei uns für eine Spende
von 3 € bestellen. Für das Ettlinger Bündnis gegen Rassismus und Neonazis.
Monika Engelhardt-Behringer und Dieter Behringer." |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die
jüdischen Gemeinden in Baden. 1968. S. 81-83. |
| Jürgen Stude: Geschichte der Juden im Landkreis
Karlsruhe. 1990. Insbesondere S. 349-353. |
| Franz-Josef Ziwes (Hg.): Badische Synagogen. 1997
S. 50-51. |
| Rüdiger Stenzel: Ettlingen vom 14.-17.
Jahrhundert. Ettlingen 1985 (= Geschichte der Stadt Ettlingen. Hg. von der
Stadt Ettlingen. Band IIb). Hierin: Die Ettlinger Juden S. 148-154.
|
| ders.: Ettlingen von 1689-1815. Ettlingen o.J. (=
Geschichte der Stadt Ettlingen. Hg. von der Stadt Ettlingen. Band III).
Hierin: Die Ettlinger Juden als geduldete Einwohner von 1689-1830 S.
379-388. |
| Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007.
|
|
Christiane
Twiehaus: Synagogen im Großherzogtum Baden (1806-1918). Eine
Untersuchung zu ihrer Rezeption in den öffentlichen Medien. Rehe: Schriften
der Hochschule für jüdische Studien Heidelberg. Universitätsverlag Winter
Heidelberg 2012.
Zur Synagoge in Ettlingen S. 217-222. |
| Wolfgang Lorsch: Jüdische Leben in Ettlingen:
Jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger in der Zeit des
Nationalsozialismus. Mit Zeitzeugenberichten und einer historischen
Einführung. 104 S. Verlag Regionalkultur 2010, ISBN
10-28973566X
Zu diesem Buch: Über viele Jahrhunderte schrieben Juden die Geschichte
der Stadt Ettlingen maßgeblich mit. Die rechtliche Gleichstellung der Juden
erfolgte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts – und damit auch die
allmähliche Integration in die Bürgerschaft der Stadt. Durch das Dritte
Reich wurde diese Entwicklung brutal unterbrochen. Die Juden wurden
ausgegrenzt, diffamiert, verfolgt und deportiert. Viele kamen in
Internierungs- und Konzentrationslagern um. Das vorliegende Buch
dokumentiert anhand von Zeitzeugenberichten jüdisches Leben in Ettlingen
während der Zeit des Nationalsozialismus.
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Ettlingen Baden. A
Jewish settlement existed in the early 14th century. It was destroyed in the
Black Death persecutions of 1348-49 and renewed in 1526. The community was
expelled in 1584 as part of the general expulsions in Baden and again in 1614.
Few Jews lived there between the Thirty Years War (1618-48) and the early 18th
century and a few dozen (1 % of the total) during the 19th century. A small
synagogue was built in 1849 and a larger one in 1889. Jews ran a big paper
factory. In 1910 the Jewish population reached 75, with 48 remaining in 1933 and
31 joining the community later. Of the former, 16 emigrated, six left for other
German cities, and 14 were expelled (seven to the Gurs concentration camp and
seven to Poland). Of the latter, eight emigrated and 21 left for other German
cities. The synagogue was burned down on Kristallnacht (9-10 November
1938).
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