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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Diedelsheim (Stadt Bretten,
Kreis Karlsruhe)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In dem bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts der
Freiherrenfamilie Kechler von Schwandorf, danach bis zum Anfang des 19.
Jahrhunderts zur Kurpfalz gehörenden Diedelsheim bestand eine jüdische
Gemeinde bis zu ihrer Auflösung am 11. März 1920. Ihre Entstehung geht in das
16. Jahrhundert zurück. Erstmals werden 1548 Juden am Ort genannt.
Bis Anfang des 19. Jahrhunderts wohnten die jüdischen Familien vor allem im
"Judengäßle" (heute Brühlstraße). Hier befand sich auch das nicht mehr bestehende jüdische Gasthaus
"Zum Lamm".
1825 machte
die jüdische Bevölkerung mit 89 Personen etwa 10 % der Bevölkerung aus.
Danach entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1832 92
jüdische Einwohner, 1836 93, 1839 193, um 1850 112, 1864 Höchstzahl von 118,
1871 99, 1875 78, 1880 72, 1886 65, 1890 45, 1895 32, 1900 32, 1905 20, 1910 14,
1925 9.
An jüdischen Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule und ein rituelles Bad (im Synagogengebäude). Zur Besorgung
religiöser Aufgaben der Gemeinde war - zumindest zeitweise (siehe
Ausschreibungen unten) - ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als
Vorbeter und Schochet tätig war. Von den Lehrern ist bekannt: um 1885 Lehrer
Wolf Horwitz (später Synagogendiener und Schochet in Cannstatt).
1827 wurde
die Gemeinde dem Bezirksrabbinat Bretten zugeteilt.
Die jüdischen Familien
lebten vom Handel mit Vieh, Landesprodukten und Waren aller Art. An ehemaligen, teilweise bis nach 1930 von jüdischen
Familien bewohnten Häusern sind bekannt: Handelsmann August Bodenheimer
(Schwandorfstraße 51), Metzgermeister Gutmann Dreifuß (Schwandorfstraße 75), Handelsmann Isaak Dreifuß
(Schwandorfstraße 17), Handelsmann Hirsch Dreifuß, dann Handelsmann Samuel Dreifuß
(Lessingstraße 1), Mehlhandlung Nathan Dreifuß (Schwandorfstraße 65-67), Handelsmann Maier Grabenheimer
(Schwandorfstraße 37).
Die 1933 hier
noch lebenden fünf jüdischen Einwohnern konnten noch rechtzeitig auswandern
oder starben vor den einsetzenden Deportationen in Diedelsheim.
Von den in Diedelsheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Rosa Barth geb. Dreifuß
(1865), Auguste Bauernfeund geb. Erlebacher (1866), Heinrich Dreyfus (1895),
Leonie Berta Dreyfuss (1923), Gustav Erlebacher (1865, später wohnhaft in
Bretten), Gustav D. Erlebacher (1878, später wohnhaft in München), Julius
Erlebacher (1881), Fanny Gidion geb. Münzesheimer (1879), Frieda Grünbaum
(1881), Mathilde Heinemann (1864), Adelheid Hofmann geb. Fetterer (1873), Rosa
Kahn geb. Grabenheimer (1855), Nathan Landauer (1884).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1836 /
1840 / 1842 / 1851 / 1873 / 1885 /
1889
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" von 1836 S. 88 (Quelle: Stadtarchiv
Donaueschingen): "Erledigte Stelle.
Bei der israelitischen Gemeinde Diedelsheim ist die Lehrstelle für
den Religionsunterricht der Jugend, mit welcher ein Gehalt von 135
Gulden nebst freier Wohnung im israelitischen Gemeindehaus sowie der
Vorsänger- und Schächterdienst samt den davon abhängigen Gefällen
verbunden ist, erledigt, und durch Übereinkunft mit der Gemeinde unter
höherer Genehmigung zu besetzen.
Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert,
unter Vorlage ihrer Rezeptionsurkunden und der Zeugnisse über ihren
sittlichen und religiösen Lebenswandel binnen 6 Wochen sich bei der
Bezirks-Synagoge Bretten zu melden.
Auch wird bemerkt, dass im Falle weder Schulkandidaten noch
Rabbinatskandidaten sich melden, andere inländische Subjekte nach
erstandener Prüfung bei dem Bezirks-Rabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden.
Bretten, den 18. Januar 1836.
Großherzogliche Bezirks-Synagoge. Veit Flehinger,
Bezirks-Rabbiner, L. Weisenburger,
Bezirksvorsteher". |
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Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" von 1840 S. 709 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Bei der israelitischen Gemeinde zu Diedelsheim ist die Lehrstelle für den
Religionsunterricht
der Jugend, mit welcher ein Gehalt von 150 Gulden, sowie der Vorsängerdienst samt den davon abhängigen Gefällen
verbunden ist, erledigt, und durch Übereinkunft mit der Gemeinde unter
höherer Genehmigung zu besetzen. Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert,
unter Vorlage der Rezeptionsurkunde und der Zeugnisse über ihren
sittlichen und religiösen Lebenswandel binnen 6 Wochen sich bei der
Bezirks-Synagoge Bretten zu melden.
Auch wird bemerkt, dass im Falle weder Schulkandidaten noch
Rabbinatskandidaten sich melden, andere inländische Subjekte nach
erstandener Prüfung bei dem Bezirks-Rabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden." |
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Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 29. Juni 1842 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Bretten. [Dienstantrag]. Bei der israelitischen Gemeinde Diedelsheim
ist die
Lehrstelle für den Religionsunterricht der Jugend, mit welcher ein
Gehalt von 160 fl., sowie der
Vorsängerdienst samt den davon abhängigen Gefällen verbunden ist,
erledigt, und durch Übereinkunft mit der Gemeinde unter höherer
Genehmigung zu besetzen. Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert,
unter Vorlage ihrer Rezeptionsurkunde und der Zeugnisse über ihren
sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen sich bei der
Bezirkssynagoge Bretten zu melden.
Auch wird bemerkt, dass im Falle sich weder Schul- noch
Rabbinatskandidaten melden, andere inländische Subjekte, nach
erstandener Prüfung bei dem Rabbiner, zur Bewerbung zugelassen
werden.
Bretten, den 22. Juni 1842. Die Bezirkssynagoge." |
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Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 20. September 1851 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Vakante Schulstellen.
Die mit einem festen Gehalte von 160 fl. und einem jährlichen
Schulgelde von 48 kr. für jedes die Religionsschule besuchende Kind und dem Vorsängerdienste samt den davon abhängigen
Gefällen, verbundene Religionsschulstelle bei der israelitischen Gemeinde
Diedelsheim, Synagogenbezirks Bretten, ist zu besetzen.
Die berechtigten Bewerber um dieselbe werden daher aufgefordert, mit ihren
Gesuchen, unter Vorlage ihrer Aufnahmeurkunden und der Zeugnisse über
ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen, mittelst
des betreffenden Bezirksrabbinats, bei der Bezirkssynagoge Bretten sich
zu melden.
Bei dem Abhange von Meldungen von Schul- oder
Rabbinatskandidaten, können auch andere inländische befähigte Subjekte
nach erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden." . |
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Anzeige
in der "Karlsruher Zeitung" vom 20. Juni 1873: "Auskündigung.
Bruchsal. Bei der israelitischen Gemeinde Diedelsheim,
Synagogenbezirks Bretten, ist der Religionsschul- und Vorsängerdienst, mit
welchem ein fester Gehalt von 300 fl. per anno nebst den auf ca. 200 fl.
sich belaufenden Gefällen, sowie das Schulgeld von 1 fl. 12 kr. pro Kind und
freie Wohnung verbunden ist, erledigt und alsbald zu besetzen. Bewerber
wollen sich unter Vorlage ihrer Zeugnisse
binnen 14 Tagen bei unterzeichneter Stelle melden. Bruchsal, den 17.
Juni 1873.
Die Verwaltung der Bezirks-Synagoge Bretten in Bruchsal.
Schlessinger, Rabbiner. A. H. Rothschild." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Mai 1885:
"Die Religionsschul-, Vorsänger und Schächterstelle der
Israelitischen-Gemeinde zu Diedelsheim, Bezirkssynagoge Bretten, mit einem
jährlichen Fixum von 450-500 Mark, mindestens 400 Mark Akzidenzien und
freie Wohnung im Synagogengebäude, ist durch einen hierzu Befähigten zu
besetzen. Süddeutsche - wenn möglich, ledig - werden bevorzugt. Die mit
Zeugnisabschriften ausgestatteten Anmeldungen sind an das Großherzogliche
Bezirks-Rabbinat in Bretten zu richten.
Die Großherzogliche Bezirks-Synagoge." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. April 1889:
"Die Religionsschul-, Vorsänger- und Schächterstelle zu
Diedelsheim, Bezirksrabbinat Bretten, wird mit einem jährlichen Fixum
von 400-450 Mark und einem aus 400-500 Mark bestehenden Nebeneinkommen und
freier Wohnung zur baldigen Wiederbesetzung ausgekündigt.
Tüchtige, ledige Bewerber oder geeignete pensionierte Hauptlehrer wollen
ihre Meldungen, mit nicht zurückgegeben werdenden Zeugnisabschriften
belegt, portofrei innerhalb 2 Wochen an die Bezirks-Synagoge Bretten
gelangen lassen." |
Benjamin Meerapfel wechselt als Lehrer von Diedelsheim
nach Leutershausen (1851)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 13. September 1851 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Die mit dem Vorsängerdienste verbundene Lehrstelle an der
israelitischen Volksschule in Leutershausen,
Amtsbezirks Weinheim, wurde dem Schulkandidaten Benjamin Meerapfel,
bisherigen Religionsschullehrer und Vorsänger bei der israelitischen
Gemeinde Diedelsheim, Amtsbezirk Bretten, übertragen".
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Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge
Bis zum Anfang des 19. Jahrhundert war vermutlich nur ein Betsaal vorhanden, der in einem der jüdischen Häuser eingerichtet war. Teilweise wurden - für besondere Feierlichkeiten wie Hochzeiten - die Einrichtungen der Gemeinde Bretten mitbenutzt.
Am 27. Februar 1807 konnten die beiden Schutzjuden Samuel und Levi Moses von Christian Hurst zum Betrag von 520 Gulden das alte Schildwirtshaus "Zum Waldhorn" kaufen (Lagerbuch Nr. 209, das damals westlichste Gebäude im Dorf). Die jüdische Gemeinde richtete darin
1822 eine Synagoge und ein rituelles Bad ein.
Nach Auflösung der jüdischen Gemeinde wurde das Gebäude am 15. April 1920
versteigert und ging zum Preis von 10.000 RM an die politische Gemeinde. Diese richtete darin ein Wannenbad mit Dusche ein. Das übrige Gebäude wurde wenig später zu Wohnzwecken umgebaut
(Gebäude Ecke Schwandorfstraße 13/Brühlstraße; frühere Bezeichnung Hauptstraße 7). An Stelle des öffentlichen Wannenbades wurde nach 1945 eine Werkstatt
eingebaut.
Nachdem das Gebäude jahrelang leergestanden hat, wurde es 2010 an den
Besitzer des gegenüberliegenden Gasthauses verkauft. Wenig später wurde es abgebrochen
und auf seinem Grundstück ein Parkplatz angelegt.
Adresse des Synagogengebäudes: Ecke
Schwandorfstraße 13 / Brühlstraße
Fotos
Historische Fotos:
Historische Fotos sind nicht bekannt, eventuelle
Hinweise bitte an
den Webmaster, E-Mail-Adresse siehe Eingangsseite |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Fotos um 1985:
(Fotos: Hahn) |
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In der Mitte: ehemalige
Synagoge in Diedelsheim |
Im Erdgeschoss des vorderen Teiles
befand sich das rituelle Bad |
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Eingang zur ehemaligen
Synagoge |
Seiteneingang des Gebäudes,
der zum rituellen Bad führte |
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Fotos 2004:
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum
18.11.2004) |
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Das Gebäude der
ehemaligen Synagoge |
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 55. |
| Otto Bickel: Diedelsheim, Vom ritterschaftlichen Dorf zum Brettener
Stadtteil. 1985. S.458-466. |
| Jürgen Stude: Geschichte der Juden im Landkreis Karlsruhe. 1990. |
| Joseph Walk (Hrsg.): Württemberg - Hohenzollern -
Baden. Reihe: Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from
their foundation till after the Holocaust (hebräisch). Yad Vashem Jerusalem
1986. S. 279 (im Abschnitt Bretten). |
| Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007.
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