Allgemein:
In Bad Liebenzell bestand zu
keiner Zeit eine jüdische Gemeinde. Auch lebten nie über einen längeren Zeitraum
jüdische Personen am Ort. Zwar wurden bei den Volkszählungen 1841 sechs und 1890
drei jüdische Personen am Ort registriert, doch wird es sich in beiden Fällen um
zufällig am Tag der Volkszählung in Bad Liebenzell ortsanwesende und nicht
um ortsansässige Personen gehandelt haben.
Bettfedernfabrik:
Bis 1938 bestand in Bad Liebenzell eine Zweigfabrik der Feuerbacher
Bettfedernfabrik Herz & Kops AG (Sitz in Stuttgart-Feuerbach). Die
(jüdischen) Inhaber lebten in Stuttgart (siehe unten). Die Liebenzeller
Zweigfabrik stand im Lengenbachweg 5. 1938 wurde der Betrieb "arisiert". Die
Firmengebäude in Bad Liebenzell wurden zusammen mit den Feuerbacher Gebäuden an
die Unternehmer Emil und Georg Schoch (Inhaber einer 1925 gegründeten
Galvanisierungsanstalt beim Bahnhof in S-Feuerbach, Link zur
Firmengeschichte) verkauft und blieben auch nach 1945 stehen. 1958
(bereits seit 1940? vgl.
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=2-1194347) war im Gebäude die
inzwischen bestehende "Feuerbacher Bettfedernfabrik Herrmann & Kugler KG." (vgl.
Plan unten), danach (bis 1968) die "Schwarzwälder Bettfedern- und
Bettwarenfabrik J. Herrmann KG".
Plan von 1958 der
"Feuerbacher Bettfedernfabrik"
Herrman & Kugler KG. (Bad Liebenzell) (bis 1938: Eigentümer Adolf Kops,
Otto und Alfred Herz in Stuttgart)
(Quelle: Gemeindearchiv Bad Liebenzell)
Exkurs zur
Geschichte der "Feuerbacher Bettfedernfabrik" in S-Feuerbach: sie wurde Ende
des 19. Jahrhunderts gegründet durch Samuel Herz (1858-1931, wohnt
1913/17 in Stuttgart, Büchsenstraße 58). Die Firmengebäude in der
Gutenbergstraße in Feuerbach wurden 1897/98 errichtet. 1898 erfolgte zum Betrieb
der Einbau einer großen Dampfmaschine vgl.
http://www.albert-gieseler.de/dampf_de/firmen0/firmadet3745.shtml. Zur
Firmengeschichte gibt es Dokumente u.a. im Landesarchiv Baden-Württemberg, u.a.
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-755005 und
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=2-736186 (StA Ludwigsburg). Ende der
1920er-Jahre waren die Inhaber/Teilhaber Otto Herz (Kaufmann, wohnt 1923
Stuttgart Olgastr. 122, 1928/32 Stuttgart Neue Weinsteige 6A) und Adolf
[Aaron] Kops (geb. 15.6.1863 in Affaltrach
als Sohn des dort wohnhaften Handelsmannes Jacob Leib Kops aus Krakau s.
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-439135-75,
https://www.ics.uci.edu/~dan/genealogy/Krakow/Families/Kops.html,
https://www.geni.com/people/Adolf-Kops/6000000006434932376, Kaufmann /
Fabrikant, war seit 28.6.1905 verheiratet mit Martha geb. Kramer
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446769-49, geb. 1878 in Stuttgart;
Familie wohnt 1909/23 in Stuttgart, Hegelstraße 10, dann Lenzhalde 87 [Tochter
Eva verh. Strauß geb. 1905, gest. 1998
Link, Sohn Walter geb. 8.12.1910 in Stuttgart, gest. 1981 Fulton, Georgia; Familie 1940 in
New York). Die Adresse der Firma ist nach den Adressbüchern in Feuerbach 1929/33
Bahnhofstraße 5). 1938 wurde der
Betrieb durch Verkauf an die Unternehmer Emil und Georg Schoch "arisiert"
(siehe oben).
Kirchengemeinde Bad Liebenzell -
Mitarbeiterin Frau Benignus: Aus den Jahren 1937 und 1938 liegen Dokumente vor über die Bemühungen der
Gestapo, die in der evangelischen Kirchengemeinde engagierte Frau Auguste
Benignus (Witwe von Oberst Benignus) aus der Arbeit in der Kirchengemeinde
zu verdrängen. Frau Benignus betreute damals in der Kirchengemeinde eine Gruppe
in der Kinderkircharbeit. Sie war in der NS-Sprache "halbjüdischer Herkunft"
(zwei jüdischer Großeltern) und war am 9. April 1872 in Bromberg geboren. Sie
ist evangelisch aufgewachsen und wohnte als Witwe in Bad Liebenzell (1929
Hindenburgstraße 160a). 1932 wurde sie in den Kirchengemeinderat der
Kirchengemeinde Bad Liebenzell gewählt. Nach Auskunft ihres damaligen Pfarrers
(Schreiben vom 24. September 1937) genoss "Frau Oberst Benignus in der ganzen
Gemeinde ein großes Ansehen wegen ihrer allezeit hilfsbereiten Art und ihrer
sozialen Einstellung. Sie ist auch Patin eines der Kinder von Herrn Stadtpfarrer
Schilling". Das württembergische Kultministeriums wies allerdings an: "Frau
Benignus ist Halbjüdin und als solche für die Betreuung (sc. der Kinder im
Kindergottesdienst) ungeeignet" (Mitteilung vom 31. August 1937). Im August 1938
konnte das Pfarramt Bad Liebenzell zur "Lösung" der Problematik mitteilen: "hat
Frau Oberstwitwe Benignus auf ihre Mitarbeit in der Kinderkirche verzichtet".
Die
Dokumente sind eingestellt als pdf-Datei (Quelle: Stadtarchiv Bad
Liebenzell).
In Bad Liebenzell besteht der
Hilfsverein "ZEDAKAH e.V." (Talstraße 100 75378 Bad
Liebenzell), 1960 gegründet von Friedrich und Luise Nothacker; ihnen war von
der holocaustüberlebenden Jüdin Helene Wyman die seelische Not vieler Juden,
die den Holocaust überlebt hatten, nahegebracht worden. Website
https://www.zedakah.de/
Der Verein unterhält in Israel zwei Häuser (Beth El in Shavei Zion und Beth
Elieser in Maalot), in welchen Holocaustüberlebende betreut werden.
Informationsblatt zur Arbeit von ZEDAKAH e.V. (eingestellt als
pdf-Datei)
In Wildberg besteht die MORIJA
gemeinnützige GmbH - Medien - Bildung - Forschung (Im Flöschle 42
72218 Wildberg). Schwerpunkte der Arbeit: Medienkompetenz, Bibelwissen,
Israel & Judentum sowie Heimatgeschichte.
Gabriel Stängle mit Sebastian Röhrle, Jeremias
Viehweg, Fabian Gote, Pascal Grimm und Kevin Schmidt (Hrsg.
Christiane-Herzog-Realschule Nagold): "Wir waren froh, als es vorbei war":
die Ausgrenzung und Verfolgung von Juden im Kreis Calw zwischen 1933-1945.
Horb am Neckar: Geigerdruck GmbH 2017 143 S. Ill. Karten ISBN
978-3865956491.
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